«Reisen macht einen bescheiden. Man erkennt, welch kleinen Platz man in der Welt besetzt.» Dieses Zitat von Gustave Flaubert bringt präzise auf den Punkt, was ich auf Reisen immer wieder erfahre. Als jemand, der aus einem kleinen, ländlichen Dorf stammt, erlebe ich beim Eintauchen in andere Realitäten oft einen Perspektivwechsel – besonders in Ländern mit grundlegenden strukturellen Herausforderungen.
Vor wenigen Wochen führte mich eine dreiwöchige Reise nach Peru, dem ehemaligen Zentrum des Inka-Reichs. Das südamerikanische Land ist mehr als dreissig Mal grösser als die Schweiz und beeindruckt durch seine geografische Vielfalt: eine schmale Küstenregion, das mächtige Andengebirge, die gewaltigen Regenwaldgebiete des Amazonas und im Süden eine der trockensten Wüsten der Welt. Peru ist ein Land voller Kontraste – landschaftlich, kulturell und vor allem strukturell.
Gerade als Schweizer wird einem im Ausland, insbesondere in Schwellen- oder Entwicklungsländern, die eigene privilegierte Ausgangslage bewusst. Politische Instabilität, Korruption, eine fragile Rechtsstaatlichkeit und ungenügende staatliche Institutionen prägen den Alltag vieler Menschen. Besonders auffällig war für mich der Zustand des Bildungssystems: In vielen ländlichen Regionen fehlen grundlegende Infrastrukturen wie Wasser, Strom oder Internetzugang in den Schulen – Voraussetzungen, die wir in der Schweiz längst als selbstverständlich erachten. Ein kurzer Blick nach Hause verdeutlicht den Unterschied: In unserer Gemeinde investieren wir aktuell rund drei Millionen Franken in die Schulhaussanierung – ein Projekt, das unseren Kindern moderne, zukunftsgerichtete Lernbedingungen ermöglichen soll. Allein im vergangenen Jahr beliefen sich die Nettoausgaben im Bereich Bildung auf CHF 1’739’120, was 52 % des gesamten Fiskalertrags entspricht.
Auch im Bereich der sozialen Sicherheit zeigen sich eklatante Unterschiede. In Peru existieren zwar staatliche Unterstützungsprogramme, doch erreichen sie oft nur einen Bruchteil der Bevölkerung. Der informelle Sektor dominiert: Viele Menschen sind gezwungen, sich durch spontane Erwerbstätigkeiten – etwa als fliegende Händler oder TuckTuck-Fahrer – über Wasser zu halten. In Horriwil beliefen sich die kommunalen Ausgaben für Ergänzungsleistungen und Sozialhilfe im vergangenen Jahr auf rund CHF 726’000. Diese Leistungen sind bei uns unbestritten wichtig – sie haben jedoch auch ihren Preis. Die Kosten steigen kontinuierlich und werfen Fragen hinsichtlich Effizienz und Fehlanreizen auf.
Trotz dieser massiven Unterschiede funktionieren auch andere Systeme – einfach nach anderen Regeln. Wer hinschaut, statt zu urteilen, erkennt die Anpassungsfähigkeit und den Überlebenswillen der Menschen.
Meine Reise durch Peru war mehr als ein Ortswechsel – sie war eine Erinnerung daran, wie wertvoll Stabilität, Rechtsstaatlichkeit und funktionierende Institutionen sind. Es liegt an uns, Sorge zu unserer Heimat zu tragen – nicht im nostalgischen, sondern im verantwortungsbewussten Sinn. Denn was heute selbstverständlich scheint, ist andernorts ein ferner Wunsch.